Der Saisonstart 22/23 war holperig, gerade für Gebiete, die sich unter 2000 Höhenmeter befinden. Ein guter Grund, mit Antoine Micheloud, Direktor des Tourismuszentrums Gruyères-Moléson-Vudalla SA und Vorstandmitglied von Seilbahnen Schweiz (SBS), über die Saisonvorbereitung und andere Herausforderungen zu sprechen.
SBS: Wie haben Sie die Saison angesichts der steigenden Strompreise und der Ungewissheit über die Stromknappheit geplant? Inwieweit haben Ihnen die Sonnenkollektoren, mit denen Sie erneuerbare Energie produzieren, in die Karten gespielt?
Antoine Micheloud: Die Hälfte unseres Stromverbrauchs unterliegt einem Vertrag auf dem freien Markt und die andere Hälfte einem regulierten Tarif. Der Vertrag auf dem freien Markt wurde glücklicherweise im Dezember 2021 neu verhandelt und ist zu einem Festpreis bis Ende 2025 verlängert worden. Dieser Teil unseres Verbrauchs unterliegt daher keiner Preiserhöhung. Für den Teil mit reguliertem Tarif sind die Erhöhungen unseres Lieferanten moderat, weniger als 10%, und fast 30% der Energie, die auf diesen Zählern verbraucht wird, wird von unseren beiden Solarkraftwerken erzeugt. Unsere Finanzen sind also durch die Energiekrise noch nicht wirklich gefährdet.
Schon im Sommer wurde über die technische Beschneiung diskutiert. Nicht nur wegen des Stromverbrauchs, sondern auch wegen der Nachhaltigkeit und des Klimawandels. Ein Thema bei Gruyères-Moléson-Vudalla SA (GMV)?
Dank des Panoramas, der geografischen Lage und der Aura der Berge verfügt Moléson über eine relativ intensive Sommeraktivität. Ende der 90er Jahre wurde dank dieser interessanten Sommereinnahmen und angesichts der Höhe des Skigebiets, das hauptsächlich zwischen 1100 und 1500 m liegt, den Sommerinvestitionen Priorität eingeräumt und die Entscheidung getroffen, die Schaffung von technischer Beschneiung aufzuschieben. Daher haben wir keine andere Wahl, als den Schneemangel zu akzeptieren und Lösungen zu finden, wenn das weisse Gold fehlt.
Die gewählte strategische Option hat sich jedoch mit den Jahren als erfolgreich erwiesen. In den letzten 20 Jahren ist der Winteranteil trotz der Klimaerwärmung im Durchschnitt nicht gesunken. Der Sommeranteil hingegen hat sich verfünffacht. Da die Betriebskosten im Sommer viermal niedriger sind als im Winter, ist unsere Seilbahngesellschaft heute rentabel.
Apropos Nachhaltigkeit, Klimawandel und nachhaltige Bewirtschaftung der Natur: Wie ist der Stand beim Projekt «Sessellift zwischen Les Joux und Plan-Francey»?
Der Sessellift, den wir 2023 bauen können sollten, ersetzt einen Skilift, der nur eine Skipiste bediente. Das eingereichte Projekt umfasst jedoch nicht nur einen kuppelbaren 4er-Sessellift, sondern auch drei Mountainbike-Pisten und eine zusätzliche Skipiste. Jawohl! Eine Skipiste zwischen 1200 und 1500 m Höhe, ohne technische Beschneiung und mit einem Rodungsbedarf von mehr als 20’000 m2! Während die Hinzufügung eines Sommerangebots in diesem Sektor die eingeleitete Strategie des Klimawandels stärkt, entspricht die Schaffung einer Skipiste einem anderen Teil unserer Vision für die Zukunft. Zwar ist es unseren Seilbahnen bis heute gelungen, nicht mehr «skiabhängig» zu sein, doch dies gilt nicht für die anderen Dienstleistungen der Destination, wie insbesondere die Unterkünfte und die Gastronomie. Diese Geschäftsbereiche können derzeit nicht auf den Skisport verzichten. Eine vom Kanton Freiburg mitfinanzierte Klimastudie hat die Sektoren ermittelt, die am längsten schneesicher bleiben dürften, und dabei die Möglichkeit gemessen, dass Moléson bis 2060 rund 50 Skitage pro Jahr anbieten kann. Die Schaffung dieser Piste folgt also den Empfehlungen dieser Studie. Die Berücksichtigung des Klimaelements in unseren Überlegungen war ein erleichterndes Element bei der Beantragung der Genehmigungen, sowohl bei den Behörden als auch bei den NGOs.
Als ob es nicht schon genug Herausforderungen vor dem Saisonstart gab, kam auch noch die Inflation dazu. Warum habt ihr euch entschieden, die Preise nicht zu erhöhen?
Moléson ist Teil der Magic-Pass-Allianz, einer Allianz, die mittlerweile fast 40% der Wintereinnahmen ausmacht. Der Magic-Pass-Vorverkauf begann im März 2022 für die Sommersaison 2022 und die Wintersaison 2022 und 2023, also noch bevor von Inflation die Rede war. Die Kampagne war ausgezeichnet. Für Moléson war dies das erste Argument für die Entscheidung, die Preise nicht zu erhöhen. Der andere Grund liegt darin, dass wir in einer Region mit viel Wettbewerb und geringen Kapazitäten an Ferienunterkünften arbeiten. Dies hat zur Folge, dass eine Preiserhöhung gut überlegt sein muss. In unserer Situation könnte sie einen gegenteiligen Effekt auf die Besucherzahlen haben und zu Umsatzeinbussen führen. Wenn unsere Tagesgäste unsere Preise als zu teuer empfinden, werden sie woanders hingehen. Da unsere Finanzen gesund sind, haben wir es vorgezogen, dieses Risiko nicht einzugehen.
Dann begann die Saison und das Wetter bescherte uns Regen und warme Temperaturen während der Weihnachtstage und zum Jahresbeginn. Wie seid ihr mit dieser Situation umgegangen?
Wir erstellen jedes Jahr einen «Schneefrei»-Plan für die Feiertage, den wir in dieser Saison umsetzen mussten. Der Plan sah einen «Brunch auf drei Etagen» in unseren Bergrestaurants vor, wobei auf 1100 m, 1500 m und 2002 m jeweils ein anderer Brunch angeboten wurde. Der Erfolg war mässig, da auch die Sonne nicht mitspielte, aber wir sind dennoch mit dem Ergebnis zufrieden. Es ist wichtig zu wissen, dass unser Winterumsatz heute 30 % der Jahreseinnahmen ausmacht. Wenn man, wie vielerorts, davon ausgeht, dass die Feiertage etwa 30 % der Wintereinnahmen bringen, macht diese Zeit heute nur noch 10 % unseres Jahresumsatzes aus.
Ihr habt beschlossen, eine Station ab dem 27. Februar 2023 zu schliessen. Wird diese Entscheidung aufgrund der schlechten Wetterbedingungen beim Saisonstart überprüft?
Nein, diese Entscheidung wird nicht revidiert. Der Grund für diese Entscheidung liegt in der Änderung des elektrischen Teils unserer Standseilbahn, Basisanlage Moléson. In Anbetracht der Tatsache, dass der Monat Mai mittlerweile mehr Einnahmen generiert als der Monat März bei gleichem Wetter, haben wir es vorgezogen, diese Arbeiten früher in den Winter zu verlegen, um Mitte Mai wieder öffnen zu können. Der Skisport im März steht in unseren Höhenlagen in hartem Wettbewerb mit dem Fahrrad, dem Fussball und vor allem mit Gartengeräten. Er bietet nicht mehr enorm viele Entwicklungsperspektiven, während der Monat Mai von Jahr zu Jahr stärker wird.
Der letzten Winter brachte das beste Ergebnis der letzten fünf Jahre für die GMV. Gibt es eine Chance, dass diese Saison noch gut ausgehen wird?
Die Saison kann noch gut zu Ende gehen, wenn sich die Schneeverhältnisse verbessern und Mutter Natur den Februar mit schönen Sonnenstrahlen beleuchtet. Dennoch wissen wir bereits, dass die Saison nicht als grosser Jahrgang in Erinnerung bleiben wird. Die Zahlen, die bis Ende Januar nicht erreicht werden, können am Ende der Saison nie mehr aufgeholt werden.
Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!