Pisten sind nach erfolgter Schlusskontrolle ausserhalb der Betriebszeit der Transportanlagen geschlossen und allfällige Nutzer der Pisten vor keinen Gefahren geschützt. Die Justiz wurde in den letzten zehn Jahren oft mit Vorfällen auf geschlossenen Pisten konfrontiert. Weshalb die Umsetzung von Richtlinien so wichtig ist, zeigen fünf Beispiele.
Die Richtlinien der schweizerischen Kommission für Unfallverhütung auf Schneesportanlagen (SKUS) und von Seilbahnen Schweiz (SBS) sind für Seilbahnunternehmen massgebend verbindlich. Für geschlossene Pisten sind insbesondere folgende Bestimmungen zu beachten.
Massgebende, aktuelle SKUS- und SBS-Richtlinien
SKUS-Ziffer 37: Pisten bis zur erfolgten Schlusskontrolle geöffnet, soweit nicht ausdrücklich gesperrt.
SKUS-Ziffer 38: Entsprechende Orientierungstafeln, mit Hinweis auf Lebensgefahr.
SKUS-Ziffer 40: Es ist verboten, Pisten und Abfahrten zu benutzen, die geschlossen oder gesperrt sind.
SBS-Ziffer 194: Pflicht für das Seilbahnunternehmen, die Restaurantbetreiber, deren Schliessung nicht angeordnet werden kann, auf ihre Verantwortung gegenüber den Gästen hinzuweisen.
Anhand von fünf Fällen wird aufgezeigt, weswegen die Umsetzung der Richtlinien durch die Seilbahnunternehmen so wichtig ist.
Fatale Kollision mit Seilwinde, Bezirksgericht (VS), 2012
Eine Snowboarderin fährt in die Seilwinde eines Pistenfahrzeuges mit dem Resultat eines Schädelhirntraumas. Umstritten war, ob sich der Unfall bei geschlossenen Pisten ereignet hat, was das Gericht bejahte. Es kam zur Verurteilung des Fahrers, da er keine Aufstellung des Gefahrensignals mit Blinklampe am Beginn des Seils vorgenommen hatte.
Überholen auf dem Schlitten, Staatsanwaltschaft (GR), 2013
Ein Schlittelfahrer fährt spätabends hinter einem talwärts langsam fahrenden gut beleuchteten Pistenfahrzeug und setzt zum Überholen im Bereich eines ansteigenden Hangs an. Beim Heckbereich des Pistenfahrzeuges kippt er nach links, kollidiert mit dem gut sichtbaren Fahrzeug und stirbt. Das Verfahren wurde eingestellt, da kein Nachweis eines Verschuldens seitens Fahrer möglich war.
Mit Promille in die Senke, Staatsanwaltschaft (GR), 2017
Ein Skifahrer lehnt den angebotenen Heimtransport ab und fährt nach 18.30 Uhr in angetrunkenem Zustand (2.03 Promille) selbständig die Piste herunter. Zwei Kollegen erreichen und begleiten ihn. Im Bereich einer Senke, ausserhalb der markierten Piste, prallt der Skifahrer in ein Gegenbord und stirbt. Das Verfahren wurde eingestellt, da weder den Verantwortlichen der Bergbahnen noch dem Wirt ein Vorwurf gemacht werden konnte.
Ereignisvolle Vorfahrt, Staatsanwaltschaft (GR), 2018
Nach Pistenschluss fährt eine Skifahrergruppe in Begleitung einer Serviceangestellten ins Tal. Die Gruppe wird entsprechend instruiert und auf die Gefahr der Pistenmaschinen aufmerksam gemacht. Nach einem Zwischenstopp startet ein Skifahrer als Erster und erkennt auf eine Distanz von 60 Meter eine Pistenmaschine mit gelben Gefahren- und Arbeitslichtern. Er nähert sich langsam, auf einmal stoppt die Pistenmaschine, um rückwärtsfahrend Schnee hinter einer Brücke zu holen. Der Skifahrer wird erfasst und verletzt. Dem Fahrer wurde vor Start der Pistenpräparation der Abschluss der Schlusskontrolle mitgeteilt, und dass sich keine Personen mehr im Streckenabschnitt befanden. Das Verfahren wurde eingestellt, da der Pistenfahrzeugfahrer davon ausgehen durfte, dass sich keine Personen mehr im relevanten Streckenabschnitt befinden.
Internationale Anwendung der Richtlinien, Gericht (UK), 2022
Nach dem Besuch einer nach Pistenschliessung noch offenen Bar wird ein Gast in angetrunkenem Zustand von einem rückwärts manövrierenden Pistenfahrzeug überrollt. Das englische Gericht, in Anwendung von schweizerischem Recht aufgrund eines internationalen Abkommens, kam zu folgendem Schluss: Es war keine Grobfahrlässigkeit seitens des Skifahrers, aber die Leistungen wurden um 40% gekürzt, da der Gast einen nicht unbeachtlichen Beitrag zum Unfall geleistet hat.
Lehren
Für die Schliessung der Pisten sind Schlusskontrollen massgebend und zum bekannt gegebenen Zeitpunkt durchzuführen. Sinn und Zweck der Schlusskontrolle ist die Sicherstellung, dass nach Betriebsschluss keine Schneesportler auf den Pisten zurückbleiben.
Wenn sich im Skigebiet bekanntermassen Restaurationsbetriebe befinden, die nach Pistenschluss noch offen sind bzw. Gäste bewirten, kann unter Umständen indessen eine wichtige Wirkung der Schlusskontrolle ausbleiben: Muss wegen solcher Restaurationsbetriebe auf bestimmten Pisten nach erfolgter Schlusskontrolle noch mit Gästen gerechnet werden, so darf nicht einfach mit der Pistenpräparierung gestartet werden, wie wenn sich niemand mehr auf der Piste befinden würde. Vielmehr müssen beim Einsatz von Pistenbearbeitungsmaschinen geeignete Massnahmen im Sinne von Ziffer 49 SKUS-Richtlinien getroffen werden, um Unfälle mit abfahrenden Gästen zu vermeiden. Zusammengefasst erläutert die SKUS-Richtlinie Ziffer 49, dass die Verkehrsversicherungspflichtigen geeignete Massnahmen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Pistenbearbeitungsmaschinen zu treffen haben, damit keine Schneesportler/innen gefährdet werden.
Bei konkreten Fragen zum Thema geschlossene Pisten stehen der Rechtsdienst und die Beratungsstelle Sicherheit von Seilbahnen Schweiz den Mitgliedern gerne zur Verfügung.